Trends kommen und gehen. Neue Verlage mischen den Markt auf und verglühen wieder. Nur Die tollsten Geschichten von Donald Duck (oder kurz TGDD genannt), zusammen mit der Micky Maus (MM) trotzten so machen Sturm und ragen wie ein Fels aus der Brandung. Seit Jahrzehnten sind sie die Konstanten am turbulenten Pressemarkt. Die TGDD feiert nun seine 200. Ausgabe. Grund genug den Klassiker in der Medienlandschaft näher zu betrachten.
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
In den Nachdrucken wurden die Übersetzungen von Erika Fuchs
überarbeitet und manchmal sogar völlig neu übersetzt. Die
Neufassungen sind pointierter, geschliffener und haben mehr Rhythmus. Viele
der dort kreierten Redewendungen sind heute Allgemeingut. Andererseits
wurden rohe und aggressive Begriffe der ersten Fassung eliminiert. Noch
so manche vom Krieg und NS Zeitgeist geprägte Redensart findet sich
in den frühen MM Übersetzungen wieder. Unter den Experten herrscht
Uneinigkeit, ob eine und welche Fassung besser ist (unter Donaldisten als
"Fuchs I" & "Fuchs II" bezeichnet). Beide Versionen existieren parallele
und sind gleichermaßen akzeptiert. Erika Fuchs favorisiert eindeutig
die späteren TGDD Übersetzungen, die sie für besser hält.
Für die Nachdrucke benutzte man die selben Vorlagen, wie für
die Erstveröffentlichungen. Das hatte zur Folge, daß bei Fortsetzungsgeschichten
in der MM, denen man Panels für Überleitungstexte herausgenommen
hatte, diese auch in den TGDD fehlten. Auch kam es vor, Bilder für
Werbung zu opfern oder Seiten zu kürzen, damit die Gesamtseitenzahl
wieder stimmt.
Bald gingen die Vorlagen aus und es fehlte an Nachschub. Da man zu
Die
Erbuhr (US 10, Juni 55) keine Druckfilme erhielt, zeichnete
man die ganze Geschichte nach, um so sein eigenes "Original" zu erstellen.
Erst in der MM 44/1992 ist diese Geschichte das erste mal im Originalzustand
veröffentlicht worden. Damals war man halt nicht so zimperlich
mit solchen Dingen. Wer hätte in den 60ern und 70ern auch ahnen können,
daß es Menschen geben wird, die solche Verfehlungen penibel auflisten
und noch Jahrzehnte später darüber schreiben?
Sehr gewagt waren auch die Kolorierungen. Im Zeitalter
der manuellen Druckvorlagenerstellung ein mühevoller und kostspieliger
Prozess. Die magentafarbenen Himmel, blaue Hecken oder gelben Häuser
gelten heute schon fast als Klassiker der Pop-Art.
![]() |
![]() |
Die Nummern 66 & 73 enthielten seit erscheinen der ersten 3 Hefte
wieder Barks Erstveröffentlichungen. Der Sheriff von Bullet Valley
(Four Color 199, 1948) und Piratengold (Four Color 9,
1942). Letztere Ausgabe war eine kleine Sensation. Enthielt es nicht
irgendeine Erstveröffentlichung, sondern Carl Barks allererstes
Donald Duck Comic, das in Zusammenarbeit mit Jack Hannah und Bob Karp
entstand. Die Geschichte basiert auf einen nie produzierten abendfüllenden
Donald Duck Trickfilm. Disneys Engagement an der "Heimatfront" und die
Produktion kriegswichtiger Filme, ließen das Projekt in der Schublade
verschwinden.
Von 1982-1990 war Dorit Kinkel Chefredakteurin für die
MM und den TGDD. Sie löste Erika Fuchs ab. Auf "Kulanzbasis" stand
Erika Fuchs noch bis 1988 als Chefredakteurin im Impressum. Unter Dorit
Kinkels Regie erlebte die Reihe eine Blütezeit mit vielen Erstveröffentlichungen.
Oftmals war es ein schwerer Kampf gutes Material zu erhalten. Ein Übergeordneter
Chefredakteur bei Egmont in Kopenhagen mochte Carl Barks leider nicht allzusehr.
Einen Abdruck in der MM wollte er nicht haben, aber bei den "nicht so wichtigen"
TGDD drückte er mal ein Auge zu. Die Donaldisten dankten ihr Engagement
mit der 12. Ehrenmitgliedschaft in der Deutschen Organisation nichtkommerzieller
Anhänger des lauteren Donaldismus (D.O.N.A.L.D.).
Es waren auch die Donaldisten, die ab Ende der 70er Pionierarbeit
leisteten
bei der systematischen Erfassung der Barks Geschichten. Davon profitierte
auch Ehapa, die endlich wußten was sie wann, wo und wie veröffentlicht
hatten bzw. was es überhaupt noch alles gab von Carl Barks.
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
Carl Barks Gesamtwerk ist beeindruckend, aber leider kein nie versiegendes
Füllhorn. Im April 1984 kamen Die besten Geschichten mit Donald
Duck auf dem Pressemarkt hinzu, die erstmals alle Barks Geschichten
ohne Retuschen oder Kürzungen enthielten. Spätestens seit erscheinen
der Barks Library im Oktober 1992 wurde es Zeit, ernsthaft über
andere
Disney Zeichner nachzudenken.
In der Vergangenheit hatte Ehapa nicht immer ein glückliches Händchen,
wenn es darum ging, neben Barks andere Künstler zu präsentieren.
Zu den besseren gehörte sicherlich Paul Murry, eher bekannt
durch seine Micky Maus und Goofy Comics. In den Olymp der Zeichner Legenden
stieg er aber nie auf, weil er, anders als z.B. Gottfredson oder Barks,
nicht sein eigener Autor war. Sein Stil ist eher von Taliaferro geprägt.
Charakteristisch an Paul Murrys Zeichnungen sind ihre starken Konturen,
ein oftmals gewölbter Hintergrund, sowie ihre Schraffierung im Hintergrund
und Schatten.
Das Redaktionsteam mit dem Chefredakteur Peter Höpfner,
hat einige Innovationen eingeführt. Seit der #178 wurde der Erscheinungsmodus
auf monatlich umgestellt und 3 Ausgaben später gab es eine
Leserbriefseite,
die rege zum Meinungsaustausch genutzt wird. Gelegentlich liegt dem Heft
ein Poster mit Barks Titelbildern bei. In den letzten Jahren ist glücklicherweise
das Bewußtsein gegenüber den Disney Künstlern gestiegen,
sowohl bei den Fans als auch in der Redaktion. Die Zeiten in denen die
Kinder noch glaubten, der liebe Onkel Walt mache alles selbst, gehören
längst der Vergangenheit an. Nun wurden endlich auch die Comicautoren
und -zeichner der Comics genannt! Zuerst klein am Rand, ab der #171 prominent
mit richtiger Inhaltsangabe und Veröffentlichungsdaten.
Im Prinzip hat sich die Redaktionsarbeit seit 1965 nicht wesentlich
verändert. Die TGDD sind weiterhin eine Comicreihe, in der Nachdrucke
und deutsche Erstveröffentlichungen herausragender Duck-Geschichten
präsentiert werden. Die Anzahl der bisher unveröffentlichter
Storys hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Allerdings ist es heute
schwieriger zu entscheiden, welche die "besten" Geschichten sind. Damals
stand der Redaktion das gesamte Barks-Werk zur Verfügung, das aber
schon fast komplett in den TGDD (und nicht nur dort) erschienen ist.
Seit je her bezieht Ehapa ihr Material von der Egmont Zentrale in
Kopenhagen. Das ist heute auch noch so. Thematisch stellt die Redaktion
das Heft selbst zusammen und bestellt die Vorlagen dann in Kopenhagen.
Auch die holländischen Geschichten vom Oberon Verlag werden
aus organisatorischen Gründen über Kopenhagen geordert. Die Druckvorlagen
aus Holland werden anschließend direkt nach Berlin zu Ehapa verschickt.
Wer der legitime Nachfolger von Carl Barks ist, sofern es so
was überhaupt gibt, darüber läßt sich trefflich streiten.
Bevorzugt man eher den traditionellen Stil für die Namen wie Daan
Jippes, Jan Gulbransson, Volker Reiche, William van Horn oder Vicar stehen?
Oder steht man auf die "italienischen Wilden", wie Romano Scarpa, Giorgio
Cavvazano, Luciano Bottaro oder Marco Rota?
Etwa die Hälfte der Leser sind Erwachsene, die mehr auf bestimmte
Zeichner fixiert sind. Der jungen Klientel kommt es mehr auf die Geschichte
an, weniger auf den Zeichner oder deren Herkunft. Manch ältere Leser
wünscht sich lieber den x-ten Nachdruck seiner Lieblingsgeschichte,
als sich über Neuveröffentlichungen zu freuen. Das macht die
Gestaltung des Heftes natürlich nicht einfacher. Nicht jedem kann
man es recht machen, dennoch bleibt Kritik nicht ungehört. Viele Leser
hatten sich über das gehäufte Auftreten italienischer Zeichner
beschwert. Die werden in Zukunft nur noch wohl dosiert erscheinen.
![]() |
![]() |
Die Drachenritter ist ein Paradebeispiel, wie eine Geschichte die Leserschaft polarisieren kann. Die insgesamt 164 Seiten lange Story ist eine Eigenentwicklung von Egmont. Geschrieben wurde sie von Byron Erickson, Chefredakteur bei Egmont in Kopenhagen. Für die Zeichnungen konnte Giorgio Cavazzano gewonnen werden. Getuscht wurden die Seiten von Alessandro Zemolin. Nachdem Byron Erickson schon 5 Jahre sein Projekt mit sich herum trug, konnte es schließlich für die TGDD realisiert werden. Die 12-teilige Fantasy Saga startete in der #189 und endet jetzt in der 200. Jubiläumsnummer. Stein des Anstoßes war die atypische Natur der Geschichte. Sie spielt nicht in der uns wohl vertrauten Welt von Entenhausen, sondern in einer Märchenwelt, in der die Ducks hinein gezogen werden. Cavazzano arbeitet zweifellos auf grafisch höchsten Niveau, doch ist seine eigenwillige Interpretation der Disney Charaktere nicht jedermann Sache. Laut Aussage der Redaktion waren etwa 2/3 der Leser für die Drachenritter Saga, 1/3 dagegen. Die kontroverse Diskussion wurde wortgewaltig in der Leserbriefseite ausgefochten. Die monatliche Erscheinungsweise ermöglicht es, jetzt auch Fortsetzungsgeschichten zu bringen und Experimente zu wagen. Das ist sehr löblich. Nur hätte man sich etwas "traditionelleres" gewünscht.
Don Rosa nimmt eine Sonderstellung unter den "Barks-Nachfolgern"
ein. Die meisten Disney-Künstler lassen ihre Ducks in einer mehr oder
weniger von Carl Barks geschaffenen Entenhausen agieren. Don Rosa hingegen
schreibt richtige Fortsetzungsgeschichten von Barks-Klassikern. Das hat
ihn viele Fans eingebracht, aber auch einige Gegner. Seine langen Abenteuer
Stories sind sorgfältig recherchiert und bis ins Detail ausgefeilt.
Don Rosa ist kein ausgebildeter Illustrator, sondern Tiefbauingenieur,
der sich vom Fan, Sammler und Fanzine Verleger bis zum professionellen
Comiczeichner hochgearbeitet hat. Was ihn manchmal an "Naturtalent" fehlt,
macht er durch Fleiß und Selbstdisziplin wett. Das merkt man seinen
Zeichnungen an, denen eine gewisse "Lockerheit" fehlt, dafür aber
exakt komponiert sind. Nichtsdestotrotz oder vielleicht gerade deswegen
ist Don Rosa sehr beliebt bei den Lesern und verbringt täglich 2-3
Stunden damit, die Emails seiner Fans zu beantworten .
Die erste Ausgabe der neu ins Leben gerufenen Reihe Die tollsten
Geschichten von Donald Duck - Spezial widmete sich auf 100 Seiten
ganz Don Rosa. Die Spezial Ausgaben der Sonderhefte beinhalten jeweils
einen Themenschwerpunkt oder Zeichner. Die 2. Ausgabe hat Weihnachten zum
Thema.
![]() |
![]() |
![]() |
Nach all den Jahren meint man alles von Carl Barks gesehen zu haben und trotzdem können die TGDD mit noch so mancher Überraschung aufwarten. Die #170 enthielt Die Werwolf-Mine (Neufassung H 98135, 1999) in deutscher Erstveröffentlichung. Das Comic wurde von Daan Jippes nach einem Skript von Barks gezeichnet (Erstfassung von Tony Strobl DD 117, 1968). Drei Ausgaben später, in der #173 gab es die nächste Erstveröffentlichung Mache mögenís laut (Vacation Parade 1, 1950), eine Oma Duck Geschichte, zu denen Carl Barks nur die Zeichnungen anfertigte. Auch das Titelbild ist eine Erstveröffentlichung. Ein echtes Highlight war die #193 mit Irgendwo im Nirgendwo (I TES 3-1, 2000). Carl Barks letzte Geschichte, die in Zusammenarbeit mit John Lustig und Pat Block entstand (Comixene 62/63 berichtete). Was bleibt sind grob gerechnet 50 Barks Titelbilder, die noch auf ihre Veröffentlichung in Deutschland warten. Hoffen wir, daß auch diese letzte Lücke aufgearbeitet wird.
Heute feiern wir die 200. Ausgabe Die tollsten Geschichten
mit Donald Duck. 2005 wird die Reihe 40 Jahre jung. Dabei ist
sie im Kern unverändert geblieben. Und das in einer Zeit, in der Trends
schneller abgefeiert werden, als man darauf aufspringen kann. Das beeindruckt
besonders. Die Micky Maus muß sich regelmäßig neu definieren,
um auch für die nachrückende Teeanger-Generation attraktiv zu
bleiben. Im Gegensatz dazu werden die TGDD von Alt und Jung gelesen, ob
nun vom 10-jährigen auf dem Schulhof oder vom leitenden Angestellten
im Nadelstreifenanzug. Die Reihe ist generationsübergreifend beliebt
und das bleibt hoffentlich noch lange so bestehen!
Original und Fälschung.
TGDD 50: Das Barks Originaltitelbild von WDC
206.
TGDD 95: Die falschen Fünfziger stinken
nicht, sondern kleben!